Teilen macht froh

Teilen macht froh!

St. Martin in der Körnerkaserne - ein emotionales Erlebnis für Flüchtlinge und Groß und Klein vom Kindergarten St. Katharina/Aachen-Forst

Der Kindergarten organisiert jedes Jahr das St. Martinsfest zu dem auch die Gemeinde eingeladen ist. Im Vorfeld können die Familien Weckmänner bestellen. In diesem Jahr war das etwas anders!

Wenige Wochen zuvor haben die Kinder Veränderungen an der Kaserne wahrgenommen: Milchpackungen auf der Fensterbank, Schuhe und Wäsche vor den Fenstern, ein großes weißes Zelt, ein ungewohntes lebendiges Treiben im Umfeld der Kaserne. Die Flüchtlinge in der Nähe unseres Kindergartens wurden zunehmend zum Thema. Eine Sammelaktion für die Erstversorgung durch Kleidung und Spielzeug war schon in vollem Gange.
In einem Gespräch zwischen Frau Gottfried (Leiterin der KiTa) und Herrn Schmidt, der sich ehrenamtlich stark um die organisatorische Unterstützung zur Integration der Flüchtlinge kümmert, entstand eine wunderbare Idee. Eine Aktion, die das Teilen - Kinder für Kinder - in den Vordergrund stellt. Spontan wurde die Einladung zum Martinsfest durch den Zusatz, einen Weckmann mehr zur Ausgabe an die Kinder im Flüchtlingsheim kaufen zu können, ergänzt. Die Resonanz war von großem Interesse geprägt. Die Neugierde der Kinder und der Gesprächswunsch der Eltern nahmen zu. In pädagogischen Gruppengesprächen wurden die Kinder auf einen Besuch bei den Flüchtlingen vorbereitet.

Am 11.11. fand auch der Waldtag des Kindergartens statt. Alle 43 Kinder verbrachten den Vormittag im Wald. Anlässlich des Gedenktages zum Heiligen St. Martin wurde ein Weckmann mit in den Wald genommen und so an die Kinder verteilt, dass sich jeder Anwesende ein kleines Stückchen abbrechen durfte. Die Überraschung bei den Kindern war groß, als am Ende jeder einen Teil des Weckmannes in der Hand hielt und trotzdem noch ein winziges Stück übrig war. Zufrieden aßen alle auf.

Dann war es so weit. Wir machten uns auf den Weg in das Flüchtlingsheim. Frau Gottfried und Herr Schmidt waren bereits dort und sorgten dafür, dass im Zelt, das als Speiseraum dient, alles vorbereitet wurde. Die Familien wurden zusammengerufen, die Dolmetscherin wurde empfangen und die Weckmänner bereit gestellt. Neugierig und aufgeregt trafen sich Groß und Klein - Besucher des Kindergartens und Bewohner der Kaserne. Wohlige Wärme, strahlende Gesichter und eine erwartungsvolle Stille erfüllten den Raum. Nachdem die Übersetzerin uns begrüßt hatte, sangen wir zwei fröhliche Laternenlieder. Kinder des Kindergartens spielten die Geschichte zum Lied "Ein armer Mann". Im Verlauf des Spielens wurden die Übersetzungen immer weniger, denn das zu sehende war selbsterklärend für Jedermann im Raum. Ein Kind ging zunächst erschöpft aber froh zu Bewohnern eines Hauses, klopfte an und bat um Einlass, der ihm jedoch verweigert wurde. Der Gang wurde immer schwerer und der Gesichtsausdruck des Kindes trauriger. An mehreren Türen wurde der Zutritt verweigert. Bis dann zum Ende des Spieles ein Hausbewohner den "armen Mann" hinein bat. Beide umarmten sich, lächeln froh und drücken sich fest.

Die Stille im Raum, einzelne Tränen die liefen, rührende Blicke bei den Anwesenden zeigen uns allen, es ist etwas ganz besonderes passiert. "Ohne einander zu verstehen hat man verstanden."
Im Anschluss an das Spiel durfte jedes Kindergartenkind einen Weckmann nehmen und ihn einem Kind aus dem Flüchtlingsheim geben. Es war keine große Überraschung zu sehen, dass es manchen Kindern trotz der Gespräche im Vorfeld schwer fiel, den Weckmann abzugeben, aber gemacht hat es jeder. Ein Kind hielt den Weckmann am Bein fest, zum Abgeben bereit, jedoch nicht locker sondern fest im Griff. Das Bein brach ab. Zwischen beiden Kindern fand ein kurzes aber intensives Augenspiel statt. Nach einem kurzen Blick zu einem Erwachsenen, der keinerlei Wertung des Geschehenen anzeigte, gab der Junge das Bein dem Flüchtlingskind. Dieser nickte- nein -und gab das abgebrochene Stück Weckmann zurück. Ein berührender Augenblick. Dann waren alle Weckmänner verteilt. Nach einem kurzen Moment ging eine junge Mutter auf Frau Gottfried zu, umarmte sie herzlich und sprach einige Worte. Eigentlich war eine Übersetzung gar nicht mehr notwendig, aber die Dolmetscherin stand gerührt daneben und erklärte: "Diese Frau möchte gerne Danke sagen, danke für die Freude, die ihr Herz berührt hat. Sie möchte ihre Freude und das Glück durch diese Umarmung teilen."

Nach dem Besuch waren wir froh und zufrieden. Unsere Kinder wurden nachdenklich und stellten in den nächsten Tagen vermehrt Fragen.

Ein unvergesslicher Tag!

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