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Brief unseres Geschäftsführers Heinz Zohren an alle Eltern in den pro futura Einrichtungen

Guten Tag zusammen,

ich möchte Ihnen einen Brief schreiben und bin mir nicht sicher, ob ich mein Anliegen überhaupt vermitteln kann, weil die Ziele des Briefes sich widersprechen.

Schon seit fast einem Jahr sind wir alle gemeinsam in einem Ausnahmezustand. Wir müssen uns alle
einschränken, sehen uns einer ständig erhöhten Belastung ausgesetzt und sind oftmals am Ende unsere
Kräfte angelangt. Die vielen Information rund um das Virus müssen wir aufnehmen, sie nach der Bedeutung
für unser Leben und dem Wahrheitsgehalt einordnen. An dieser Stelle könnte man noch viel weiter
ausholen und jede*r könnte mit eigenen Eindrücken und eigenen Herausforderung das Bild weiter
zeichnen.

Die behördlichen Rahmenbedingungen für die Kitas haben sich seit März mehrfach geändert. Aktuell sind
wir in einem so genannten Regelbetrieb unter Coronabedingungen. Das bedeutet, dass die Kitas alle
geöffnet sind. Der Minister hat einen dringenden Appell an die Eltern gerichtet, die Kinder nur dann in die
Kita zu bringen, wenn eine andere Betreuung der Kinder nicht möglich ist. Damit hat der Minister die
Verantwortung zur Entscheidung auf die Eltern übertragen. Das finde ich richtig, vermindert aber nicht den
Druck. Das bringt viele Eltern in eine Gewissensentscheidung und manche fühlen sich moralisch unter
Druck gesetzt, ob das Betreuungsangebot nun in Anspruch genommen werden soll oder nicht. Diese
Anspannung ist seit Mitte Januar in den Kitas spürbar.
Ob eine Betreuung notwendig ist, können wirklich nur die Eltern beurteilen. Als Träger kann ich es auf
keinen Fall beurteilen und die Mitarbeiter*innen in den Kitas wahrscheinlich auch nicht, wie die familiäre
Situation ist. Ob eine Betreuung zu Hause irgendwie noch gewährleistet werden kann oder ob nicht oder
nicht mehr. Wir wissen z.B. nicht, wie sich die berufliche Situation darstellt, ob Verwandte unterstützen
können, ob Eltern krank sind oder psychisch am Ende sind. All das wäre bei einer Beurteilung zu
berücksichtigen.

Gleichzeitig muss ich als Träger, und ich denke auch Sie als Eltern, an die Gesundheit der Mitarbeiter*innen
denken. Die Informationen und Fakten rund um Corona sind gleichzeitig vielfältig und unklar. Einerseits
heißt es, dass die Kinder weniger ansteckend sind, andererseits sagen aktuelle Studien von zwei
Krankenkassen aus, dass die Berufsgruppe der Erzieherinnen, die am meist betroffene Gruppe ist, die sich
mit COVID-19 infiziert hat. Das verunsichert die Mitarbeiter*innen natürlich und macht auch mir Sorgen

Die Mitarbeiter*innen leisten unter erschwerten Bedingungen schon seit März einen vorbildlichen Dienst.
Bedenken Sie bitte, dass auch viele Mitarbeiter*innen eigene Kinder haben und selber schauen müssen, wie
ihre Kinder betreut werden können. Trotz der angespannten Situation werden die Kinder liebevoll betreut
und so weit es geht, gefördert. Dafür bin ich den Mitarbeiter*innen sehr dankbar.

Konkret hatten wir 17 positive Fälle in unseren 33 Kitas. Davon waren acht Kinder und neun
Mitarbeiter*innen betroffen. In zwei Fällen hat es nach der ersten Meldung, einen weiteren positiven Fall in
der gleichen Kita gegeben. Ich gehe also davon aus, dass die Hygienekonzepte funktionieren. Ein erhöhtes
Infektionsrisiko bleibt aber bestehen. Die Mitarbeiter*innen können Masken bei der Arbeit mit den Kinder
tragen, manche möchten das in der direkten Arbeit mit den Kinder aber nicht. Wir haben die
Gefährdungsbeurteilung und die Maßnahmen mehrfach angepasst. Wir tun das, was wir tun müssen und
gehen auch darüber hinaus.

Wir haben aktuell in unseren 33 Kitas im Durchschnitt 44% der Kinder in der Betreuung. Die Spannweite
reicht von 13% bis 73%. Damit sind mehr Kinder in der Betreuung als ich zu Beginn der jetzigen Phase
gedacht hatte. Hier sind wir in an der Stelle im Brief angelangt, bei der ich nicht weiß, wie man richtig
reagieren kann. Auf der einen Seite stehen die Eltern, die die Betreuung zu Hause nicht mehr aufrecht
erhalten können und auf der anderen Seite, die Mitarbeiter*innen, die sich einem erhöhten Infektionsrisiko
aussetzen müssen. Wir wissen von einigen wenigen Eltern, die ihre Kinder mit dem Kommentar bringen:
„Das Kind hat heute Geburtstag und keinen zum Feiern“, „Dem Kind ist zu Hause langweilig.“ oder von
einem Austausch in WhatsApp-Gruppen, die aussagen, dass man doch verrückt sei, wenn man die Kinder
nicht bringen würde. Das sind in der Pandemie keine ausreichende Gründe für eine Betreuung in der Kita!
Andererseits gibt es auch Mitarbeiter*innen, die Eltern, die ihre Kinder bringen, verbal oder nonverbal
unter Druck setzen, dass die Kinder gebracht werden. Das möchte ich ausdrücklich nicht. Uns steht keine
Beurteilung und Bewertung zu. Wenn Sie auf eine Betreuung angewiesen sind, sollen Sie dass sichere
Gefühl haben, dass Ihre Kinder herzlich willkommen sind.

Was können wir also tun? Es bleibt meines Erachtens nur den Appell zu wiederholen, dass Sie die Betreuung
nur dann in Anspruch nehmen, wenn es zu Hause nicht geht. Es könnten ja zwei Tage in der Woche sein, in
der sie die Betreuung in Anspruch nehmen und nicht alle fünf Tage. Vielleicht gibt es auch eine Möglichkeit
wochenweise auszusetzen. Entscheiden Sie, im Sinne des Infektionsschutzes für alle und insbesondere auch
für die Mitarbeiter*innen in den Kitas. Vielen Dank!

Freundliche Grüße
Heinz Zohren - Geschäftsführer