Abschied und Trauer

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Von Trauer und Hoffnung im Kindergarten "Abschied von unserem Pastor Wienand"

Die Kinder kannten unseren alten Pfarrer Josef Wienand sehr gut. Er war unser Gartennachbar, sorgte sehr gut für die Belange des Kindergartens, besuchte regelmäßig die Einrichtung und feierte immer seinen Namenstag am 19. März mit uns. Die Kinder erlebten ihn regelmäßig bei Gemeindegottesdiensten aus Anlass des Kindergartenfestes, zu Erntedank, in Sonntagsgottesdiensten und in Wortgottesdiensten in der Advents- und Osterzeit.

Als er krank wurde, war das natürlich ein großes Thema im Kindergarten. Manchmal haben wir für seine Genesung ein „Vater unser“ gebetet oder die Kinder haben kleine Gebete frei formuliert: „Guter Gott, mach, dass unser Pastor wieder gesund wird, der muss doch zum Kindergartenfest hier sein.“ Wenn Pfarrer Wienand dann und wann anrief, haben wir den Kindern Grüße ausgerichtet. Sie haben sich dafür mit etwas selbst Gebasteltem, z.B. einer Martinslaterne bedankt, die wir mit ins Klinikum gaben.

Eines Tages mussten wir den Kindern sagen, dass Pfarrer Wienand gestorben ist. Auf die vielen Fragen der Kinder hin haben wir versucht zu erklären: Dass er so schwer krank war, dass er nicht mehr leben konnte, dass er jetzt nicht mehr leiden muss, dass es ihm jetzt besser geht und dass der Tote jetzt zum Friedhof gebracht wird. Viele Kinder haben darauf hin eigene Geschichten erzählt, z. B. von ihrer verstorbenen Oma oder der Beerdigung des Opas oder eines anderen Verwandten.

Weil eine riesengroße Beerdigung für Pfr. Wienand zu erwarten war, haben wir uns entschieden, nicht geschlossen mit den Kindern daran teilzunehmen, aber trotzdem die Kinder zu einer Abschiedsgeste einzuladen. Der Fisch war schon im Urchristentum ein Symbol für Christus und die Verbundenheit mit ihm. Die Kinder haben ein ganz buntes Bild gestaltet und ihre Fingerabdrücke in die Umrisse des Fisches gedrückt und mit Namen versehen. Zusammen mit den Worten „Ein letzter Gruß. Deine Kindergartenkinder“ haben wir es zusammen mit einem Gesteck bei der Beerdigung auf den Friedhof bringen lassen. Einzelne Eltern haben ihre Kinder mitgenommen bzw. haben danach mit ihren Kindern das Grab besucht. Ein paar Tage später haben wir mit allen Kindern dort auch einen Besuch gemacht. Danach kamen keine Fragen und auch kein Erzählungen von eigenen Erfahrungen mehr. Das Thema schien abgeschlossen zu sein.

Umso mehr überraschte uns ein paar Wochen später eine Frage, ja sie machte uns hilflos: „Wie lange muss der Pfr. Wienand denn noch auf dem Friedhof bleiben?“ Weil Pfr. Hennes als unser neuer Pfarrer benannt worden war und er sich den Kindern in unserem Kindergarten vorstellen wollte, baten wir ihn zeitnah um Unterstützung. Er setzte sich zu den Kindern in den Stuhlkreis, die ihn neugierig und misstrauisch ansahen. Was will der hier? Unser Pastor ist doch der Pfr. Wienand. Aber er gewann schnell ihr Vertrauen und ihre Aufmerksamkeit. Sie sogen jedes Wort von seinen Lippen. Er hatte ein schlichtes Holzkreuz mitgebracht und lud die Kinder zum Erzählen ein. Die Kinder wussten, dass Jesus am Kreuz gestorben ist. Pfr. Hennes erklärt, dass wir aber glauben, dass Jesus vom Tod auferstanden ist. „Was damit gemeint ist, ist schwer zu verstehen. Wir feiern an Ostern, dass Jesus den Tod besiegt hat, dass er stärken ist als der Tod. Er ist jetzt bei seinem Vater im Himmel und beschützt uns alle. So ähnlich ist es auch mit Pfr. Wienand. Auf dem Friedhof ist nur sein toter Körper und der bleibt jetzt für immer da. Auch er ist jetzt bei Gott so wie Jesus. Und er muss da jetzt gar nicht mehr krank sein und leiden. Er hat euch da noch immer lieb und beschützt euch, seine lieben Kindergartenkinder. Ihr müsst jetzt auch gar nicht traurig sein. Ganz tief in eurem Herzen könnt ihr immer noch merken, dass er euch lieb hat.“

Im Anschluss an dieses Gespräch haben wir keine weiteren Frage mehr beantworten müssen. Dann und wann besuchen wir immer noch das Grabe des alten Pfarrers auf dem Friedhof und erzählen von ihm.

Einige Jahre zuvor haben wir das Sterben und die Beerdigung eines Geschwisterkindes in ähnlicher Weise begleitet. Damals haben wir einen kleinen Engel gestaltete, der einen wichtigen Platz bei der Verabschiedungsfeier hatte.

Erzählt von Marie-Luise Schumacher,

Leiterin des kath. Kindergartens St. Josef, Eschweiler-Hehlrath

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